
Es heißt ja immer, dass man sich sein gegenüber schön trinken kann. Da ist sicherlich was dran. Wenn ich überlege, wen ich teilweise im Suff geküsst habe, überkommt mich echt das kalte Gruseln. Aber irgendwas muss ich an denen ja in dem Moment anziehend gefunden haben… Alkohol reduziert nicht nur die Hemmungen, sondern offensichtlich alle inneren Kritiker und Kriterien.
Ich habe Alkohol auch benutzt, mich selbst schön zu trinken. Gefangen in dem Dogma, dass man schön und schlank sein müsse, um anerkannt und erfolgreich zu sein, begann ich schon früh, mit meinem Aussehen und meinem Körper zu hadern – wie übrigens über 90 Prozent aller Frauen weltweit. Das eigene Spiegelbild auszuhalten war oft nicht leicht. Mit Alkohol kein Ding. Hatte ich was getrunken, konnte ich mein Spiegelbild richtig gut ertragen. Flirtete gar mit mir und fand mich regelrecht attraktiv. Geile Nummer, wollte ich am liebsten immer! Die inneren Stimmen, die ständig an mir herummäkelten („zu dick, zu klein, Mund zu klein, Nase zu groß… blablabla“) waren dann einfach nicht da – und ohne diese Bewertungen habe ich einfach das gesehen, was da war. Na gut, vielleicht noch etwas gefiltert und verschwommen.
Die unangenehme Ernüchterung dann am nächsten Morgen. Zusätzlich zum Kater liefen die inneren Kritiker zu ihrer Höchstform auf. Neben den üblichen Mäkeleien an meinem Äußeren kamen dann noch Selbstvorwürfe, Scham, Schuld und Selbsthass, was jegliches innere Strahlen restlos zerstörte. Nie fühlte ich mich hässlicher als in diesen Momenten – innerlich wie äußerlich.
Tja, und heute? Heute wende ich mich den inneren Stimmen zu, statt sie zu unterdrücken. Druck erzeugt immer Gegendruck – das habe ich verstanden. Versuche ich diese Stimmung zu unterdrücken, kommen sie mit umso größerer Macht wieder hervorgesprungen.
Sich nun mit diesen Stimmen auseinanderzusetzen, ist nicht immer leicht. Ich versuche ihnen den Boden zu entziehen, indem ich die Grundlagen des Schönheitsideals in Frage stelle (Dr. Antonie Post kennt sich damit super aus und war auch schon Gast in unserem Podcast). Ich drehe jeden inneren Glaubenssatz um mit the Work (da hat mir die gute Daria Schymura bei geholfen – auch schon Podcastgast).
Ich feiere mein Spiegelbild immer noch nicht, aber ich kann es immer öfter gut aushalten. Ich bin auf einem guten Weg und kann immer öfter voller Inbrunst glauben „Ja, ich bin schön“. Das, was der Alkohol mir für Stunden verkauft und dann wieder grausamst gestohlen hat, erarbeite ich mir nun selbst in völliger Klarheit und kann seitdem noch viel mehr Schönheit entdecken, als sich mir in der Alkoholzeit jemals gezeigt hat.
Viele Grüße,
Deine Corinna vom ex&hopp-Team
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